Küste gegen Plastik Lädt...
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Gastbeitrag: Plastik - zu viel um uns herum!

Ein Langzeit-Projekt der Löwen-Klasse der Montessori-Grundschule Bamberg

Gastbeitrag von Elke Völkl, Bamberg

Es begann im Juni 2017:

Am Meer Urlaub machen, um sich zu erholen. Im Meer baden und schnorcheln.. Doch wer will schon zwischen Folienteilen, Schnüren und anderem Plastikmüll schwimmen? Wohl niemand.
Mein Name ist Elke Völkl, ich bin als Erzieherin Co-Lehrkraft an der Montessori-Schule Bamberg und erzähle nach den Pfingstferien von meinen Urlaubserlebnissen am Mittelmeer. Einige Grundschüler schildern, dass sie ebenfalls schon zwischen Plastikteilen geschwommen sind und fanden das ziemlich „eklig“, andere haben von verschmutzten Stränden erzählt.
Betroffen fragen wir uns: „Wie kommt der Müll ins Meer?“, beginnen nachzudenken, zu hinterfragen, im Internet zu recherchieren: nach, Zahlen, Fakten und Gründen, ebenfalls nach Lösungen. Mitschüler erzählen vom Umgang mit Plastik in der Familie, vom Einkaufen mit und ohne Verpackung, machen Vorschläge, wie sie es schaffen könnten, ihre Eltern ein bisschen mit dem „Virus“ Besser Ohne Plastik anzustecken, andere schildern, was sie schon alles tun.

Wir alle sind uns sofort einig: wir möchten etwas tun!

Juni 2017:

In einem Bamberger Stadtmagazin findet sich der Artikel über die Einführung des Mehrwegbechers vom Städtischen Umweltamt. Eine Viertklässlerin fragt sofort kritisch nach: „… und aus was besteht der Becher?“ Die Lehrkräfte Frau Gerlach und Frau Völkl raten der Schülerin, doch einfach per Mail direkt dort nachzufragen. Zwei Stunden später liegt eine nette Antwortmail im Mail-Postfach. Und das Mädchen verkündet der Klasse stolz: „Der Becher besteht aus Edelstahl. Nur der Deckel ist aus Plastik.“ Sie ist begeistert, sich einerseits mutig getraut zu haben, zu schreiben und dann noch eine nette Antwort zu erhalten. Selbstwirksamkeit mischt sich mit Stolz und Enthusiasmus, der ansteckend ist.

Als einige Drittklässler im Internet ein Foto finden, das hunderte von Autoreifen auf dem Meeresgrund zeigt, fragen viele bestürzt: „Warum tun Menschen das?“…. Mitschüler verkünden nach ihren Recherchen der Klasse aufgebracht: „Stellt euch vor: im Jahr werden weltweit rund 250 Millionen Tonnen Plastik produziert, wovon 81 Millionen Tonnen im Meer landen.“

Wir buchen den Umweltpädagogen Jan Ebert (www.aquila-naturschule.de) mit dem vom Bayrischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit geförderten Projekt „Blauer Planet“ des BUND https://bamberg.bund-naturschutz.de/umweltbildung/aktuelle-projekte/projekt-meeresschutz.html.
Durch Jan’s Fachwissen und seine Leidenschaft für den Schutz der Umwelt erfahren wir Erstaunliches und Erschreckendes:

  • mindestens 50 % des für uns notwendigen Sauerstoffs wird im Meer produziert.
  • Der Mensch ist ebenfalls von der Verschmutzung und Vergiftung direkt betroffen: (Mikro-)Plastik landet letztendlich aufgrund der Nahrungskette auf unserem Teller und in unserem Trinkwasser.
  • Man schätzt heute, dass die Verrottung einer Plastikflasche mind. 450 Jahre dauert!
  • Müll landet meist einfach im Meer, weil die Entsorgung an Land eben Geld kostet.
  • Es gibt einen Müllstrudel namens „Great Pacific Garage Patch“ gibt, der dreimal größer als Deutschland ist.
  • Sehr tragisch und berührend sind für uns die Fotos verendeter oder missgebildeter Tiere als Opfer des wachsenden Plastikmülls.

Das macht alles macht uns sprachlos! Das ist alles nicht mehr tragbar!
Alle Schüler und Lehrer sind sich einig: jetzt ist es Zeit hier und jetzt zu handeln!
Der Meeres-Schutz beginnt bei uns, denn letztendlich fließt jedes Gewässer ins Meer.

Ausgerüstet mit Leiterwagen, Gartenhandschuhen und Müllzangen säubern über 100 Schüler und Lehrer an zwei Vormittagen die Ufers des Rhein-Main-Donau-Kanal. Unglaublich, dass wir in nur vier Stunden 10 große Müllsäcke füllen: mit Flaschen, Scherben, Zigarettenstummel, Tetrapacks, vielen Coffe-to-go-Bechern, Papierfetzen, einem Bierkasten, einem Alu-Bierfass, Plastik-Blumentöpfen, Alu-Papier, Kronenkorken, Dosen, Decken, Tüten, Tücher, u.v.m.

Einige aufmerksame Passanten sprechen uns an, loben die Aktion und unser Engagement. Ein älterer Herr bemerkt: „Wisst ihr, ich wohne hier in der Nähe und bekomme mit, wie viele Menschen hier am Ufer sind. Schade ist es nur, dass viele ihren Müll einfach da lassen. Eigentlich ist es ja nicht eure Aufgabe, deren Müll wegzumachen.“ Und er schenkt uns ein paar Münzen für unsere Klassenkasse. Wir hoffen, ein Beispiel für viele zu sein, denn es macht Spaß, zusammen zu helfen und zu wissen, dass durch den Müll, den wir heute gesammelt haben, keinem Tier mehr schadet.
„Wir machen das wieder!“, versprechen viele Schüler und finden die Idee, in seiner heimatlichen Umgebung mit einer kleinen Gruppe eigeninitiativ zu säubern, prima!

Wir unterrichten Radio Bamberg von unserer Aktion und Frau Saricic interviewt begeistert die Kinder und sendet den Live-Mitschnitt am 17.7. im Radio Bamberg. Juhuuh! Wir sind „on air“ und ganz Bamberg kann uns hören und erfährt von der besonderen Aktion!
Hier ist der Mitschnitt aus der Sendung: 5_aktion-blauer-planet-montesori-schule-bamberg

Wir nehmen Kontakt mit dem Umweltamt der Bamberg auf und erreichen die Veröffentlichung unserer Aktion im Rathaus-Journal - Amtsblatt der Stadt Bamberg - Nr. 16 vom 28.07.2017; https://www.stadt.bamberg.de/media/custom/1829_17902_1.PDF?1501498520

Viele Kinder, Jugendliche und vor allem Erwachsene mit unserem „Virus“ anstecken zu können, Plastik zu vermeiden, wo es nur geht! … sich verantwortlich fühlen, Müll aufzuräumen, um Folgeschäden zu verhindern - das ist unser Wunsch und dringendes Anliegen!

Juli 2017:

Der Enthusiasmus ist nicht zu bremsen: vier Drittklässler setzen sich in ihrer Freizeit an heimische PCs und erstellen ein Umwelt-Witze-Rätselheft. Dies wird am Schulfest erfolgreich verkauft und der Erlös von 350 € an Küste-gegen-Plastik e.V. gespendet, die ja letztendlich an der Nordsee „unseren“ Müll am Strand entsorgt.
Eine Viertklässlerin sagt: „Frau Völkl, ich möchte gerne alles aus meiner Spardose spenden!“ Ich bin beeindruckt und erinnere sie gleichzeitig, dass es ebenfalls genauso wichtig ist, ausgeglichen für sein eigenes Wohlbefinden zu sorgen, damit man Kraft hat, zu geben.

Dafür liebe ich meine Arbeit! Kinder sind offen und direkt, holen sich Wissen, haben geniale, logische Ideen, handeln direkt und sofort und wollen die Welt zum Guten verändern.

Wenn jeder ein bisschen hilft, kann man gemeinsam einiges bewirken.

Schüler treffen auf offene Ohren bei unserer Bewirtungs-AG unserer Schule und erreichen die Vermeidung von Einweg-Geschirr und Alu- bzw. Frischhalte-Folie als Verpackungsmaterial und bewirken den Ausschank von Getränken ausschließlich in Glasflaschen. Wow, schon wieder ein direkter Erfolg! Es lohnt sich also, initiativ zu werden.

September 2017:

Jennifer Timrott schreibt der Klasse persönlich ein „Danke“ samt Urkunde, legt den Redakteuren des Rätselheftes besondere Muscheln bei und der Klasse ihr Buch „Strandgut aus Plastik“. Wir sind alle sehr stolz und halten bis heute Kontakt mit der Organisation.

Das Buch wird fleißig für zu Hause ausgeliehen, die Muscheln bekommen einen Ehrenplatz.

Kinder und Eltern erzählen, dass sie in ihrer Ferienzeit sowohl am Urlaubsort als auch zu Hause mit der Familie und den Freunden Müll gesammelt haben. „Da kann man jetzt einfach nichts mehr liegen lassen, wenn man das alles weiß, mit dem Müll und den Tieren und so… !“, erklärt uns eine Schülerin und ihre Mutter nickt: „Ja, und dann haben wir am Strand Müll gesammelt. Die Leute haben schon ein wenig komisch geschaut, doch wir haben uns ganz gut gefühlt.“

Oktober 2017:

Eine Schülergruppe von Erst- und Zweitklässlern arbeitet an einem Referat „Plastikmüll“ und präsentiert es der Klasse; die mittlerweile Viertklässler-Experten stehen neben den Lehrkräften mit ihrem Wissen als Mentoren zu Verfügung.

während des laufenden Schuljahres…

  • verpacken die SchülerInnen konsequent ihre Brotzeit in Dosen (oft aus Bambus),
  • Getränke in Mehrwegflaschen aus Glas oder Metall
  • benutzen Tragetaschen aus Stoff
  • vermeiden unnötige Verpackungen und erinnern sich gegenseitig an Plastikalternativen.
  • berichten immer wieder über Erfahrungen und Gespräche, wie sie mit ihren Eltern diskutieren, umweltbewusster einzukaufen
  • regen die Lehrkräfte an, Plastik-Schutzfolien für Hefte durch einen Papiereinband zu ersetzen
  • zwei Viertklässler ersetzen Tintenpatronen ihres Füllers durch einen sog. „Konverter“ und schreiben fortan mit Tinte aus dem Glasfässchen
  • ….

Mai 2018 bis heute:

Seit Dezember 2017 freuen wir uns über den „Unverpackt“-Laden in Bamberg, zu dem sich einige Schüler Ende Mai 2018 selbstorganisiert am Nachmittag zur Besichtigung verabreden.

14. Mai 2018

Frau Timrott fragt an, ob wir an einer Veröffentlichung unseres Langzeitprojekts als Blog-Beitrag auf deren Webseite interessiert wären. Das freut uns riesig!

Juni 2018

Die Doktor-Robert-Pfleger-Stiftung Bamberg schreibt den Schul-Kreativ-Wettbewerb unter dem Thema „Miteinander“ aus. (Die Stiftung engagiert sich im Rahmen ihrer Förderarbeit in zwei Bereichen: Zum einen unterstützt sie medizinische Forschungsvorhaben, zum anderen sozial-caritative Initiativen.)
„…Was gehört für euch zu einem gelungenen Miteinander? Wie wird in eurer Klasse Zusammenhalt gelebt? Wie setzt ihr euch in verschiedenen Fächern mit Themen wie Toleranz, Integration und Engagement auseinander? Vielleicht gibt es an eurer Schule Projekte, die zeigen, was man durch ein gelungenes Miteinander auf die Beine stellen kann….“ (Auszüge aus der Ausschreibung)
Wir bewerben uns mit unserem Langzeitprojekt „Plastik - zuviel um uns herum!“ und bekommen am…

6. Juli 2018

… in feierlichem Ambiente mit vielen wichtigen Menschen im Saal der Orangerie des Schloss Seehofs, Memmelsdorf, den 2. Preis überreicht - höchstpersönlich von der Bayerischen Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Fr. Melanie Huml und dem Stiftungsratsvorsitzendem, Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Rainer Drewello. www.pfleger-stiftung.de

Ein einzigartiges und großartiges Ereignis bei dem wir hoffen, mit unserem Thema „Plastik - zuviel um uns herum!“ den ein oder anderen Erwachsenen im Saal nachdenklich gemacht zu haben.
Näheres unter www.montessori-bamberg.de/start/aktuelles/

Projektleitung:
Elke Völkl, Pädagogische Mitarbeiterin
in Unterstützung von Angelika Gerlach, Klassenleitung „Löwenklasse“
Grundstufe der Montessori-Schule Bamberg

Galerie

Blog: Aus unserer Arbeit


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